Bei einem Kontakt von lebenden Zellen mit künstlichen Oberflächen kommt es zu einer immunologischen Reaktion. Dies kann zu unerwünschten Reaktionen führen. Durch eine Beschichtung mit biogenen Verbindungen kann eine solche Reaktion reduziert oder unterbunden werden. Eine dieser Verbindungsklassen sind Nitrofettsäuren. Es wurde gefunden, dass Beschichtungen mit Nitrofettsäuren sehr geeignet sind, um beispielsweise die immunologischen Reaktionen, die bei Implantaten im menschlichen Körper auftreten, zu unterbinden. Problematisch war, dass Nitrofettsäuren, die sich auf künstliche Oberflächen leicht aufbringen lassen, sich bei Kontakt mit Körperflüssigkeiten hiervon wieder ablösen. Es wurde eine Beschichtungstechnologie entwickelt, bei der ein bioderadierbares Polymer auf künstliche Oberflächen in Form eines dünnen Films aufgetragen werden kann und das Nitrofettsäuren über die Dauer der Biodegradation kontinuierlich an der Oberfläche bereitstellt. Gleichzeitig schützt die Beschichtung vor einer Korrosion/Zersetzung des beschichteten Materials durch wässrige Medien (z.B. Blut oder Gewebeflüssigkeiten). Hierdurch kann zum einen eine wesentliche Verbesserung der Biokompatibilität von Implantatmaterialien erreicht werden und zum anderen die Korrosion/Degradation von Implantatmaterialien beeinflusst werden.
Der Kontakt von menschlichen Zellen mit Oberflächen, die nicht arteigen sind, führt zu einer immunologischen Reaktion im Sinne einer Entzündung. Ungesättigte Fettsäuren, bei denen eine Nitrierung einer der Doppelbindung-tragenden Kohlenstoffatome erfolgt ist (Nitrofettsäuren), haben auf verschiedene Zelllinien immunstabilisierende Effekte. In grundlegenden Untersuchungen wurde gefunden, dass Zellen, die auf Oberflächen, die mit Nitrofettsäuren beschichtet sind, aufgetragen werden nicht oder in erheblich geringerem Ausmaß als auf der nativen Fremdoberfläche eine immunologische Reaktion im Sinne einer Inflammation aufweisen. Es konnte gezeigt werden, dass sich hierdurch vorteilhafte Effekte auf implantierbare medizintechnische Vorrichtungen, wie beispielsweise arterielle Gefäßstützen oder chirurgische Netze, erzielen lassen. Es konnte ferner gezeigt werden, dass eine Oberflächenbeschichtung, die aus einer Lage von Nitrofettsäuren besteht, bereits ausreicht, um eine ansonsten stattfindende Zellwucherung zu unterbinden. Sofern dieser Effekt über den Zeitraum, der für eine Einheilung eines Implantats in einen Gewebeverbund erforderlich ist aufrecht erhalten werden kann, kann dies praktisch ohne eine Narbenbildung stattfinden. Da sich die Nitrofettsäuren von Oberflächen ablösen können wurde ein Biopolymer entwickelt, in das Nitrofettsäuren aufgenommen werden können und somit ein Reservoir für diese ausbilden, wodurch Nitrofettsäuren die sich von der Oberfläche ablösen oder abgelöst werden kontinuierlich ersetzt werden können. Bei Implantaten, die sich im Anschluss an eine Implantation wieder auflösen sollen, also aus biodegradierbaren Materialien bestehen, ist es erwünscht, dass der Abbauprozess erst nach einer zeitlichen Verzögerung einsetzt, z.B. um die Stabilität des Material nicht vorzeitig zu verlieren. Daher müssen viele der biodegradierbaren Implantate in einer Materialstärke eingesetzt werden, die deutlich über das Maß hinausgeht das erforderlich wären, wenn die Auflösung erst nach einer bindegewebigen Durchbauung stattfindet. Die Biodegradation erfolgt dabei durch einen Kontakt mit Wasser. Daher wurde das biodegradierbare Polymer so konzipiert, dass es eine wasserundurchdringliche geschlossene Schicht auf einer Materialoberfläche ausbildet. Es konnte gezeigt werden, dass sich hierdurch die Abbauprozesse eines biodegradierbaren Implantatmaterials um mindestens den Faktor 6 verzögern lassen.
Somit können durch das biodegradierbare Polymer einerseits eine deutliche Degradationsverzögerung von Implantatmaterialien hergestellt und andererseits eine dauerhafte Reduktion der immunologischen Körperreaktionen bewirkt werden.
Die Beschichtungstechnologie wurde zum Patent angemeldet (zum Patent EP3648806A1).